Seit über einem Jahr sind die Ukrainer:innen in einem Kreislauf aus tödlichem Beschuss, nächtlichen Luftangriffen, massiven Stromausfällen, Schäden an kritischen Infrastrukturen und schweren zivilen Opfern gefangen. Mehr als 13 Millionen Menschen sind seit der Eskalation der russischen Invasion im vergangenen Februar aus ihrer Heimat geflohen. Und selbst nachdem einer der schwierigsten Winter in der Geschichte des Landes nun hinter ihnen liegt, brauchen 18 Millionen Menschen immer noch Unterstützung und Schutz. 

Sobald der Krieg in vollem Umfang ausbrach, mobilisierte die Europäische Union Ressourcen, um auf das weit verbreitete Leid und die Zerstörung zu reagieren, und zeigte damit unglaubliche Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung. In Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) – einer der größten in der Ukraine tätigen humanitären Organisationen – bietet die EU überlebenswichtige Unterstützung für gefährdete, vom Krieg betroffene Menschen, die dringend Hilfe benötigen. 

Mit diesen fünf Maßnahmen unterstützen die EU und die IOM die Menschen vor Ort in der Ukraine. 

1. Reparatur von Notunterkünften und beschädigten Häusern

Russische Angriffe haben Wohngebiete nicht verschont und viele Häuser wurden unbewohnbar gemacht. Mit EU-Mitteln können mobile IOM-Teams beschädigte Häuser leicht reparieren, indem sie beispielsweise zerbrochene Fenster und Türen ersetzen oder Dächer reparieren. Dank dieser Partnerschaft konnten mehr als 5.000 Privathäuser wieder bewohnbar gemacht werden und IOM leistet weiterhin Hilfe für bedürftige Haushalte. Um noch mehr Menschen mit Unterstützung zu erreichen, stellen die EU und die IOM Reparatursätze für Notunterkünfte bereit, womit die Familien ihre eigenen Häuser vorübergehend reparieren können. 

Viele derjenigen, die ihr Zuhause verloren oder aus Kriegsgebieten geflohen sind, sind in vorläufige Sammelunterkünfte für Binnenvertriebene umgezogen. Hunderte dieser Zentren wurden im ganzen Land in ehemaligen Nichtwohngebäuden wie Turnhallen, Schulen und Universitäten oder in Kindergärten und Wohnheimen eingerichtet, in denen Menschen in Gemeinschaftsräumen zusammenleben. Seit über einem Jahr modernisieren mobile IOM-Teams diese Unterkünfte und passen sie an die Bedürfnisse ihrer vorübergehenden Bewohner an – sie reparieren Duschen und Küchen, bauen Zugangsrampen und ersetzen elektrische Leitungen. 

Mobile Teams der IOM arbeiteten letzten Herbst im Gebiet Kyiv, um Häuser auf den bevorstehenden harten Winter vorzubereiten. Foto: IOM/Alisa Kyrpychova

2. Erbringung grundlegender, aber unverzichtbarer Hilfe 

Millionen von Menschen sind aus Gebieten in der Ukraine, in denen die Feindseligkeiten eskalierten, mit nur wenigen persönlichen Habseligkeiten geflohen. Die meisten konnten weder Haushaltsgegenstände noch Möbel transportieren. Um vertriebenen und vom Krieg betroffenen Gemeinden in der Nähe der Frontlinie zu helfen, liefern die EU und die IOM Küchensets, Winter- und Bettwäschekits, Decken und Matratzen, Hygiene- und Babyartikel. IOM verteilte in den kalten Wintermonaten auch feste Brennstoffe an Familien, die es sich nicht leisten konnten, ihre Häuser zu heizen. 

Oksana (im linken Bild) stammt aus Bachmut, das fast vollständig zerstört wurde und immer noch ein wichtiger Brennpunkt an der Frontlinie im Gebiet Donezk ist. Zusammen mit ihrem Mann, ihrem Sohn und ihrem Enkelkind fand sie Sicherheit im Winnyzja Gebiet. „Wir nutzten Evakuierungstransporte und durften nur zwei Taschen mitnehmen.Als wir abreisten, dachten wir, es würde ein oder zwei Monate dauern, also nahmen wir nur wenige Habseligkeiten mit“, sagte Oksana. Zusammen mit Hunderten anderer vertriebener Familien, die in der Aufnahmegemeinde lebten, erhielt sie Bettwäsche-Sets. 

Verteilung von Bettwäsche-Sets und Hygieneartikeln in den Gebieten Winnyzja und Lwiw an Vertriebene. Foto: IOM Ukraine

3. Gewährleistung des Zugangs zu sauberem Wasser 

Russische Angriffe auf die Ukraine haben auch wiederholt kritische Infrastrukturen getroffen, die die Menschen mit Strom, Wasser, Gas und Wärme versorgen. Direkter Beschuss, Stromausfälle und die massive Vertreibung von Verbraucher:innen innerhalb des Landes haben die Systeme an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Tausende Menschen haben unter der Kürzung dieser lebenswichtigen Versorgungen gelitten. 

Mit EU-Mitteln kann IOM öffentliche Wasser- und Abwasserversorgungsunternehmen durch die Bereitstellung neuer Ausrüstung und Reparaturarbeiten unterstützen, um ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Notfällen zu stärken. Darüber hinaus lieferte IOM mobile Heizkessel und Notstromgeneratoren, um den unterbrechungsfreien Betrieb der Wasser- und Abwassersysteme sowie ein Heizsystem bei Stromausfällen sicherzustellen. 

Kritische Infrastruktur wie das öffentliche Wassersystem wurde durch Beschuss in der Ukraine beschädigt. Foto: IOM/Yaroslav Voita

4. Flexible Bargeldunterstützung 

Mehr als 73.000 Menschen haben seit März 2022 Bargeldunterstützung von der EU und der IOM erhalten. Diese flexible Form der humanitären Hilfe ermöglicht es den Menschen, ihre individuellen Bedürfnisse zu erfüllen, sichert ihre Unabhängigkeit und trägt gleichzeitig zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft bei. 

Aufgrund der Nähe zur russischen Grenze musste Olha letztes Jahr mit ihren beiden kleinen Kindern aus ihrem Dorf fliehen. Sie verlor ihren Job, als sie vertrieben wurde, konnte aber immer noch keinen neuen finden, da die Arbeitslosigkeit zunimmt. Die EU und die IOM unterstützten sie mit mit lebenswichtigem Bargeld. Das Geld habe sie für ihre Kinder ausgegeben, deren Sehkraft nachgelassen habe – „Arztkosten, Tests, Brillen für beide“.  

Olha, eine von EU und IOM unterstützte Geldempfängerin, nutzt das Geld, um die medizinischen Kosten ihrer Familie zu decken. Foto: IOM/Alisa Kyrpychova

5. Persönliche Schutzhilfe 

Wenn eine vertriebene Person ihren Arbeitsplatz, ihr Zuhause oder ihre Familienangehörigen verliert, kann es einen tiefen Einschnitt in das Leben bedeuten, . Damit werden sie dem Risiko von Menschenhandel, Ausbeutung oder Missbrauch ausgesetzt. Viele der Vertriebenen sind Frauen mit kleinen Kindern, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Deshalb identifizieren und unterstützen die EU und die IOM die am stärksten gefährdeten Personen mit direkter Schutzhilfe wie unter anderem medizinischer, psychosozialer und juristischer Hilfe, vorübergehender Unterbringung, Kleidung und Schuhen sowie persönlichen Hygieneartikeln. Tausende Menschen haben diese umfassende Betreuung bereits erhalten. 

Die 66-jährige Mariia* kümmert sich um ihre acht Enkelkinder. Die Kinder erlitten psychosoziale und körperliche Misshandlungen durch ihre Mutter, der die elterlichen Rechte entzogen wurden. Mariia erhält monatlich rund 90 Euro staatliche Rente, was kaum ausreicht, um Lebensmittel zu kaufen und Nebenkosten zu bezahlen. IOM stellte dieser Familie Betten, Ausrüstung und Schreibwaren für das Online-Lernen, Haushaltsgeräte und andere notwendige Gegenstände sowie psychosoziale Unterstützung zur Verfügung. 

Ältere Menschen leben in einer Sammelunterkunft in der Stadt Lwiw. Foto: IOM/Alisa Kyrpychova

Da der Bedarf in der Ukraine rasant steigt, verstärkt die IOM in Partnerschaft mit der EU ihre Unterstützung, um den dringenden Bedarf der Zivilbevölkerung im ganzen Land zu decken. 

*Name wurde geändert 

Diese Geschichte wurde von Alisa Kyrpychova vom IOM-Ukraine-Team geschrieben.